Betreff
Erhalt der Dismar-Scheune
- Antrag der Gruppe SPD und Grüne im Ortsrat Rethen
- Stellungnahme der Verwaltung
Vorlage
2022/238/1
Art
Mitteilung
Referenzvorlage

Mit Eilantrag vom 04.10.2022 hat die Gruppe SPD und Grüne die Verwaltung aufgefordert, dem Ortsrat Rethen den Erhalt der Dismer-Scheune an der Grundschule Rethen in ihrem jetzigen Bestand zum Beschluss vorzulegen.

 

Diesem Antrag kann aus den nachfolgenden Aspekten nicht oder ggf. nur teilweise entsprochen werden.

 

1.   Vertragliche Verpflichtungen / Status Lage

 

Mit dem politischen Beschluss zur Realisierung des Schulanbaus der Grundschule Rethen und dem Grundstückskaufvertrag vom 23.12.2010 hat die Stadt Laatzen eine Teilfläche des ehemaligen Dismer-Grundstücks erworben.  Die Teilung der Fläche erfolgte gemäß des beigefügten Lageplans (Anlage 1), wonach die neue Grenze mitten durch die auf dem Grundstück stehende Scheune verläuft. Die Stadt ist Eigentümerin des Flurstücks 123/7, das Flurstück 123/8 gehört einer Privatperson.

 

Der derzeitige Zustand, welcher ein Gebäude auf zwei Baugrundstücken abbildet, ist gemäß § 2 Abs. 12 NBauO und § 30 NBauO i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 DVO-NBauO baurechtlich unzulässig.

 

Um den baurechtswidrigen Zustand zu beheben, der durch die Teilung entstanden ist, wurde im Kaufvertrag eine Verpflichtung des Käufers zum Abriss des gesamten Bestandsgebäudes verhandelt. Hiermit besteht seitens der Stadt Laatzen die Verpflichtung, auf dem nachbarlichen Grundstück des ehemaligen Verkäufers (Flurstück 123/8) zumindest einen Teilabriss des Scheunengebäudes vorzunehmen. Hierzu laufen derzeit die Gespräche über die zeitliche Umsetzung.

 

Anlage 1 stellt die Gebäudesituation farblich dar. Besteht der Eigentümer auf den laut Kaufvertrag ausgehandelten (Teil-)Abriss auf seinem Grundstück (rot) und wird der notwendige Grenzabstand (gelb) eingehalten, verbleibt am Ende lediglich das im Lageplan grün markierte Teileckstück der ursprünglichen Scheune bestehen, da im Zuge der Baumaßnahme der Südflügel (blau) bereits zurückgebaut wurden.

 

Zur visuellen Darstellung des Bestandsgebäudes ist Anlage 2 beigefügt. Die Grundstückgrenze befindet sich auf Höhe der rotmarkierten Senkrechten. Besteht der Eigentümer des nachbarlichen Grundstücks auf den vertraglich vereinbarten Teilabriss, verbleibt am Ende nur noch das Eckstück der ehemaligen Scheune auf dem städtischen Grundstück erhalten.

 

Alle Abweichungen der ausgehandelten Vertragsbestandteile aus dem Kaufvertrag müssen mit dem Eigentümer sonst neu verhandelt und ggf. seitens der Stadt auch vergütet werden. Hierbei ist insbesondere zu bedenken, dass der neue Eigentümer die Fläche immobilienwirtschaftlich nutzen möchte und in diesem Fall Schadenersatzforderungen in nicht planbarer Höhe auf die Stadt zukommen könnten.

 

Sofern der Erhalt der Scheune mit dem derzeitigen Eigentümer ausgehandelt werden soll, müssen die rechtlichen Vorgaben dazu geschaffen werden. Gemäß § 2 Abs. 12 NBauO kann ein Baugrundstück auf dem sich eine bauliche Anlage (hier Scheune) befindet, aus zwei Grundstücken bestehen, wenn und solange durch Vereinigungsbaulast gesichert ist, dass alle baulichen Anlagen auf den Grundstücken das öffentliche Baurecht so einhalten, als wären die Grundstücke ein Grundstück. Eine Vereinigungsbaulast für die Grundstücke gibt es nicht. Durch die Teilung des Grundstückes steht das bestehende Scheunengebäude somit auf zwei unterschiedlichen Baugrundstücken mit verschiedenen Eigentümern. Die Eintragung einer entsprechenden Vereinigungsbaulast, der beide Eigentümer zustimmen müssen, ist damit zwingend erforderlich.

 

2.   Brandschutz

 

Die Eintragung einer Vereinigungsbaulast ändert nichts an den brandschutztechnischen Verpflichtungen, die zusätzlich erfüllt werden müssen.  Durch die Teilung des Grundstückes sind zwei Gebäudeteile, die jeweils auf einem eigenen Baugrundstück liegen, entstanden. Eine bauliche Trennung des Gebäudes entlang der Baugrundstücksgrenze ist derzeit nicht vorhanden. Die Gebäudeteile stehen in offener Verbindung an der Grenze. Im Falle eines Brandes würde das Feuer die Baugrundstücksgrenze ungehindert überspringen. Zur Verhinderung der Brandausbreitung ist an der Grenze daher gemäß § 30 NBauO i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 DVO-NBauO eine Brandwand zu errichten. Diese Brandwand muss so angeordnet und beschaffen sein, dass sie beim Abbruch eines der Gebäudeteile stehen bleiben kann (§ 12 Abs. 2 NBauO). Daher ist die Errichtung von zwei getrennten Brandwänden als Abschluss für jeden Gebäudeteil zu empfehlen.

 

Sollte die Scheune also mit Einverständnis des Eigentümers im derzeitigen Bestand verbleiben können, ist neben der Eintragung der Vereinigungsbaulast die Herstellung mindestens einer Brandwand an der Grundstücksgrenze erforderlich, um beide Gebäudeteile brandschutz- und nutzungstechnisch voneinander zu trennen. [SH1] Die bisherige Nutzung ist aus den geschilderten Gefahrenpotentialen langfristig nicht möglich. Sie wurde lediglich im Hinblick auf den bevorstehenden Abriss vorübergehend geduldet.  Sollte die Entscheidung auf Bestand des Gebäudes fallen, wäre eine weitere Nutzung des Gebäudes bis zur Herstellung der brandschutztechnischen Erfordernisse zu untersagen. Die dann durchzuführenden beschriebenen Umbaumaßnahmen sind ein arbeitsintensives und zeitaufwendiges Projekt, welches nicht zusätzlich ohne Beeinträchtigung bzw. Verschiebung anderer Bauprojekte umgesetzt werden kann.

 

3.   Kosten

 

Für den Bereich der entstehenden Kosten sind drei Endzustände der vorliegenden Bestandsbebauung untersucht worden.

 

3.1. Bestandsgebäude bleibt insgesamt erhalten

Für den Fall, dass das Bestandsgebäude insgesamt auf dem städtischen als auch dem nachbarlichen Grundstück erhalten wird, sind die unter Nr. 2 beschriebenen Brandschutzmaßnahmen insbesondere die Herstellung der Brandschutzwände, die statischen Nachweise der jeweiligen dann entstehenden Einzel-Konstruktionen bei Trennung des Gebäudes, die Ertüchtigung der Gebäudeteile für die spätere Nutzung, sowie die Eintragung einer Vereinigungsbaulast erforderlich.

 

Die Kostenschätzung für die erforderlichen Maßnahmen liegt bei ca. 1.150.000 €.

 

3.2. Teilabbruch des nachbarlichen Gebäudeteils

Ein Teilabbruch des nachbarlichen Gebäudeteils zur Erfüllung des geschlossenen Grundstückskaufvertrages wirft neben den Abbruchkosten, Kosten für Maßnahmen zum Gebäudeabschluss des verbleibenden Gebäudes sowie Tragwerksnachweis und Ertüchtigungsmaßnahmen auf. Weiterhin sind Kosten für die Restrukturierung der entstandenen Abbruchfläche sowie für notwendige Maßnahmen im Bereich der anschließenden Bebauung zu kalkulieren.

 

Die Kostenschätzung für die erforderlichen Maßnahmen liegt bei ca. 500.000 €.

 

3.3. vollständiger Abbruch des Bestandsgebäudes

Bei einem vollständigen Abbruch, so wie er derzeit im Rahmen der Investitionskosten für die Schulerweiterung kalkuliert wurde, fallen Kosten für die Abbruchleistungen, die Restrukturierung der entstandenen Abbruchfläche sowie für notwendige Maßnahmen im Bereich der anschließenden Bebauung an.

 

Die Kostenschätzung für diese Maßnahmen liegt bei ca. 180.000 €.

 

4.   Aktuelle Baumaßnahme

 

Der derzeitige Generalunternehmer ist beauftragt, die Außenanlagen herzustellen. Die bisherige Planung ist auf Grundlage des kompletten Abbruchs des Gebäudes erfolgt, so dass auch hier ggf. neue Planungen erforderlich werden. Hier ist ebenfalls mit einem Zeitverzug und erheblichen Zusatzkosten zu rechnen.

 

5.   Weitere Verwendung/Nutzung des Gebäudes

 

Eine spätere Nutzung des Gebäudes kann nur auf dem städtischen Teilstück (grün umrandet) erfolgen. Fraglich ist, welche Art der Nutzung im Restgebäude sinnvoll und wirtschaftlich ist. Während der Umbauzeit ist eine Nutzung des Gebäudes nicht möglich. Neben den Herstellungskosten für baurechtlich zulässige Herstellung sind Unterhaltungskosten für das bestehende Teilstück zu kalkulieren.

 

6.   Erhaltungssatzung

 

In der Diskussion um die von einigen Bürgerinnen und Bürgern geforderte Erhaltungssatzung für den Ortskern Rethen ist der Abriss der Scheune nicht relevant. Unabhängig vom Bestand der Scheune ist davon auszugehen, dass es bereits mit dem aktuellen Gebäudebestand nicht mehr möglich ist, eine Erhaltungssatzung zu erlassen, da sich im heutigen Ortskern nicht mehr ausreichend erhaltungswürdige Gebäude befinden, die diesen Eingriff in das Eigentum rechtfertigen würden.

 

7.   Fazit

 

Unter Berücksichtigung aller o.g. Aspekte, insbesondere der zu erwartenden Kosten der Varianten Teilabriss bzw. Erhalt des Gesamtgebäudes und der späteren Nutzbarkeit der beiden durch die Brandwand getrennten Teilgebäude, wird seitens der Verwaltung dringend empfohlen, den geplanten vollständigen Abriss des bestehenden Scheunengebäudes zeitnah umzusetzen. Sofern eine andere Variante beschlossen wird, sind die hierfür erforderlichen Kosten in den Haushalt 2023 einzustellen. Solange die Verhandlungen mit dem Eigentümer des nachbarlichen Grundstücks nicht abgeschlossen sind, sind die Kosten der ersten Variante in Höhe von 1.150.000 € einzustellen, damit die Verwaltung in alle Richtungen handlungsfähig bleibt.

 

 

Der Bürgermeister

 

 

 

Kai Eggert

 

Anlagen 2

 


 [SH1]Schätzkosten durch Herrn Dopke bitte