Betreff
Empfehlungen der Lügde-Kommission zum Kinderschutz
- Umsetzung bei der Stadt Laatzen
Vorlage
2021/167
Aktenzeichen
51 Bun
Art
Mitteilung

 

Am 30.01.2019 wurde bekannt, dass auf einem Campingplatz im nordrhein‑westfälischen Lügde‑Elbrinxen gegen eine große Anzahl von Kindern langjährig sexualisierte Gewalt ausgeübt wurde. Im Verlauf der Untersuchungen wurde bekannt, dass es bei der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden, aber auch der zuständigen Jugendämter, zu zahlreichen Versäumnissen gekommen ist. Dies hat zumindest dazu beigetragen, dass die betroffenen Kinder nicht geschützt werden konnten.

 

Der Landespräventionsrat Niedersachsen hatte im Juni 2019 die Einrichtung einer Kommission beschlossen. Diese hatte den Auftrag erhalten, die aus Anlass der Missbrauchsfälle relevant gewordenen Strukturen und Prozesse zum Schutz von Kindern einer kritischen, systematischen und strukturellen Analyse zu unterziehen. Es sollten Empfehlungen für den Kinderschutz in Niedersachsen mit dem Ziel entwickelt werden, dass strukturelle Fehler in Zukunft minimiert werden. Die Lügde‑Kommission bestand aus Vertreter*innen der fachlich betroffenen Ministerien sowie externen Expert*innen.

 

Der Bericht der Lügde‑Kommission liegt seit dem 03.12.2020 vor und enthält zahlreiche Empfehlungen an die Jugendämter, die Polizei, die Gerichte und das Land.

 

Die Kinder‑ und Jugendhilfe der Stadt Laatzen hat anhand der die Jugendhilfe betreffenden Empfehlungen die internen Abläufe und Strukturen evaluiert und teilweise präzisiert.

 

Folgende Ergebnisse wurden aus den Empfehlungen abgeleitet:

 

·                Die Verantwortlichkeiten im Verfahren der Überprüfung einer Kindswohlgefährdung wurden präzisiert: Die Verantwortung für die Gefährdungseinschätzung liegt stets bei der fallverantwortlichen Fachkraft. Die Fachaufsicht obliegt der Teamleitung.

·                Die Anforderungen an das Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte wurden präzisiert: Die Erstentscheidung, ob eine Meldung gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung enthält, muss von der fallverantwortlichen Fachkraft mit einer weiteren Fachkraft getroffen werden. Liegen gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vor, so muss die Gefährdungseinschätzung und die Planung weiterer Schritte von drei Fachkräften durchgeführt werden. Mindestens eine dieser Fachkräfte muss über Erfahrung im Kinderschutz verfügen. Die Teamleitung ist zu beteiligen.

·                Bei der Gefährdungseinschätzung soll erforderlichenfalls externe Expertise einbezogen werden, z. B. durch Ansprache der Fachberatungsstellen der Region Hannover oder der Rechtsmedizin der MHH.

·                Es soll im Team durch gezielte Fortbildungen einzelner Mitarbeiter*innen spezialisiertes Wissen (z. B. zum Thema häusliche Gewalt oder sexualisierte Gewalt) aufgebaut werden. Diese Mitarbeiter*innen können dann als interne Beratungsinstanzen fungieren und an den regionalen thematischen Arbeitskreisen teilnehmen.

·                Die Kommission empfiehlt Schritte für eine gelingende Zusammenarbeit der Jugendhilfe und der Polizei. Diese Zusammenarbeit ist in Laatzen traditionell sehr eng und kooperativ, so dass hier aus hiesiger Sicht keine Defizite bestehen. Das vorgeschlagene jährliche Arbeitstreffen ist seit Jahren gelebte Praxis. Die jeweiligen Ansprechpartner*innen sind bekannt und stehen in regelmäßigem Austausch. Seitens der Polizei Hannover sind zusätzlich (als Reaktion auf den Lügde‑Bericht) zwei weitere Mitarbeiter*innen den Jugendämtern als Ansprechpartner*innen benannt worden.

·                Entscheidungen über die Eignung von Bewerber*innen als Pflegeperson sollten im Vier‑Augen‑Prinzip getroffen werden. Hier ist die Kinder‑ und Jugendhilfe im Umsetzungsverfahren. Das wird dadurch erschwert, dass in Laatzen nur eine Fachkraft für den Pflegekinderdient zuständig ist.

·                Aktenführung und Dokumentation: In den Akten sollen nicht nur die vorhandenen Informationen und Einschätzungen dokumentiert werden, sondern auch die Erwägungen und Abwägungsvorgänge, die zu den Entscheidungen geführt haben. Es soll darauf geachtet werden, dass Gefährdungsmitteilungen und Gefährdungseinschätzungen für den weiteren Fallverlauf gut auffindbar dokumentiert sind.

Seit der Einführung der elektronischen Akte im Jugendamt stehen im Kinderschutzverfahren den Mitarbeitenden alle Informationen unmittelbar zur Verfügung. Die Qualität der Aktenführung wird regelmäßig evaluiert. Regeln für die Bezeichnung und Verortung von Informationen präzisiert.

·                Fortbildung und Supervision sieht die Kommission als wesentlich für jedes Jugendamt an. Dies ist in Laatzen gewährleistet und wird inhaltlich im fachlichen Diskurs ausgestaltet.

Die Kinder‑ und Jugendhilfe hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. So hat sich das pädagogische Gesamtteam mittlerweile in fünf pädagogischen Fachdiensten organisiert (Allgemeiner Sozialer Dienst, Jugendhilfe im Strafverfahren, Eingliederungshilfe, Familiengerichtshilfe & Beratung, Pflegekinderdienst & Vormundschaften). Diese sind aufgrund ihrer geringeren Personenanzahl gut in der Lage, die fachliche Entwicklung gemeinsam mit der Teamleitung im kontinuierlichen Diskurs zu reflektieren. So können Abläufe, Strukturen und Haltungen ständig weiterentwickelt werden.

Der ASD als für den Kinderschutz zuständiger Fachdienst hat aktuelle Materialien und Arbeitshilfen geprüft und in die Abläufe bei Gefährdungseinschätzungen integriert. Insofern erscheint die Kinder‑ und Jugendhilfe auch für künftige Gefährdungseinschätzungen gut gerüstet.

 

Im Auftrag

 

 

 

Thomas Schrader