Betreff
Rechte für Werkvertragsarbeiter in der Fleischbranche stärken
- Antrag der Gruppe SPD-Grüne-Linke-Faull-Scheibe im Rat
Vorlage
2020/158
Art
Antrag
Untergeordnete Vorlage(n)

Begründung:

 

Auch in Laatzen gibt es den Schlachthof der Leine-Fleisch GmbH, der Werkvertragsarbeiter beschäftigt.

 

Aus dem Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird deutlich, dass gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in verschiedenen Bereichen nur temporär in Deutschland aufhalten, über eingeschränkte Sprachkenntnisse verfügen und keine Möglichkeit haben, auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden, ein besonderes Schutzbedürfnis besteht.

 

Dies wird durch die aktuellen COVID19- Fälle in Fleischfabriken oder Berichte über nicht eingehaltene Abstands- und Hygieneregeln deutlich.

 

Die systematische Ausbeutung, über die seit Jahren in den Schlachtbetrieben berichtet wird, ist mit unserem Rechtsstaat nicht zu vereinbaren.

 

Die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Fleischindustrie müssen jetzt durch gesetzliche Regelungen ersetzt werden, da sie bisher unwirksam waren.

 

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung das Unheil des Werkvertragswesens in der Fleischbranche ab 2021 verbieten möchte, sodass das Schlachten von Tieren und die Verarbeitung von Fleisch künftig nur noch von eigenen Beschäftigten ausgeführt wird. Dies wird auch dem Tierwohl zugutekommen – die Presseberichte hierzu sind uns noch gut in Erinnerung. Seit Jahren wird die Art des Umgangs mit den Tieren kritisiert, doch wirksame Maßnahmen zum Schutz der Tiere wurden nicht unternommen, obwohl der Tierschutz ein Wert von Verfassungsrang ist.

 

Um das Tierwohl soweit wie möglich abzusichern, reichen aber keine bloßen Gesetzesänderungen. Eine sehr viel wichtigere Rolle kommt der künftigen Überwachung der Betriebe zu. Es sind deutlich mehr Betriebsprüfungen erforderlich als bisher, um den Schutz der Arbeitnehmer und auch der Tiere gewährleisten zu können. Die Zeitspanne zwischen den Prüfungen muss erheblich kürzer werden, um die Situation in den Betrieben dauerhaft zu verbessern.

 

Auch die von Bundesarbeitsminister Heil geplante Erhöhung der Bußgelder wird begrüßt, damit Rechtsverstöße „weniger attraktiv“ werden.

 

Dazu wurden bereits im Bund konkrete Vorschläge gemacht - wie beispielsweise eine Arbeitsinspektion, die Entgelt, Arbeitsschutz, Arbeitszeit und Unterkunft gleichermaßen überprüft und der Haftung des Schlachtunternehmens unterstellt.

 

Gleichzeitig müssen die Beschäftigten Zugang zu Beratungsmöglichkeiten erhalten, die sie in ihrer Heimatsprache über ihre Rechte in Deutschland aufklären, denn wo kein Kläger ist, da gibt es auch keinen Richter. Das Projekt „Faire Mobilität“ leistet hierfür einen essenziellen Beitrag. Die Finanzierung muss für diese Beratung verstetigt werden.

 

Die Politik darf sich jetzt nicht von der Fleischlobby unter Druck setzen lassen.

 

Die Fleischverarbeitungsbetriebe zeichnen bereits Zukunft-Szenarien der Produktionsabwanderung ins Ausland. Die Unternehmen fühlen sich unfair behandelt und gehen sogar so weit, die höheren Auflagen als verfassungswidrig zu bezeichnen. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Aussagen entsprechen mitnichten der Realität. Im Ausland gelten teilweise sogar höhere Auflagen als bei uns, in Belgien, Frankreich und der Niederlande sind die Mindestlöhne höher als in Deutschland. In Dänemark bezahlt die Branche alle Beschäftigten nach Tariflohn. Ein Grund, warum die Schlachtbetriebe nach Deutschland z.B. aus Dänemark abgewandert sind. Seit Jahren beschweren sich unsere Nachbarn über die niedrigen Auflagen hierzulande, die den Wettbewerb verzerren und Schlachtungen in deren Heimatländern unattraktiv machen. Allein das unmoralische Verhalten der Fleischindustrie ist zwar nicht verfassungswidrig, aber in hohem Maße unsolidarisch.

 

Es gibt auch die guten Beispiele in der Fleischbranche, wie Brand Qualitätsfleisch in Lohne oder Böseler Goldschmaus aus Garrel, die ihre soziale Verantwortung für die Mitarbeiter sehr ernst nehmen. Beide Betriebe beschäftigen keine Werkvertragsarbeiter mehr. Es wurden alle Mitarbeiter fest angestellt. Das gibt Sicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

 

Wir fordern den Geschäftsführer der Leine-Fleisch GmbH, Herrn Hermann Withake, auf, diesem guten Beispiel zu folgen und die Beschäftigungsverhältnisse der Werkvertragsbeschäftigten zu beenden und alle bisher über Werkverträge Beschäftigten fest einzustellen.

 

Regina Asendorf

 

Antrag:

 

Die Stadt Laatzen fordert die politisch verantwortlichen Gremien auf Landes- und Bundesebene dazu auf, sich für die Rechte von Werkvertragsarbeiter in der Fleischbranche einzusetzen und das von Hubertus Heil vorgeschlagene „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft” zu unterstützen.