- Antrag der Gruppe SPD-Grüne-Linke-Faull-Scheibe im Rat
Begründung:
Auch
in Laatzen gibt es den Schlachthof der Leine-Fleisch GmbH, der
Werkvertragsarbeiter beschäftigt.
Aus dem Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Arbeit
und Soziales wird deutlich, dass gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
die sich in verschiedenen Bereichen nur temporär in Deutschland aufhalten, über
eingeschränkte Sprachkenntnisse verfügen und keine Möglichkeit haben, auf dem
Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden, ein besonderes Schutzbedürfnis besteht.
Dies wird durch die aktuellen COVID19- Fälle in
Fleischfabriken oder Berichte über nicht eingehaltene Abstands- und
Hygieneregeln deutlich.
Die systematische Ausbeutung, über die seit Jahren in den
Schlachtbetrieben berichtet wird, ist mit unserem Rechtsstaat nicht zu
vereinbaren.
Die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Fleischindustrie
müssen jetzt durch gesetzliche Regelungen ersetzt werden, da sie bisher
unwirksam waren.
Wir begrüßen, dass die Bundesregierung das Unheil des
Werkvertragswesens in der Fleischbranche ab 2021 verbieten möchte, sodass das
Schlachten von Tieren und die Verarbeitung von Fleisch künftig nur noch von
eigenen Beschäftigten ausgeführt wird. Dies wird auch dem Tierwohl zugutekommen
– die Presseberichte hierzu sind uns noch gut in Erinnerung. Seit Jahren wird
die Art des Umgangs mit den Tieren kritisiert, doch wirksame Maßnahmen zum
Schutz der Tiere wurden nicht unternommen, obwohl der Tierschutz ein Wert von
Verfassungsrang ist.
Um das Tierwohl soweit wie möglich abzusichern, reichen
aber keine bloßen Gesetzesänderungen. Eine sehr viel wichtigere Rolle kommt der
künftigen Überwachung der Betriebe zu. Es sind deutlich mehr Betriebsprüfungen
erforderlich als bisher, um den Schutz der Arbeitnehmer und auch der Tiere
gewährleisten zu können. Die Zeitspanne zwischen den Prüfungen muss erheblich
kürzer werden, um die Situation in den Betrieben dauerhaft zu verbessern.
Auch die von Bundesarbeitsminister Heil geplante Erhöhung
der Bußgelder wird begrüßt, damit Rechtsverstöße „weniger attraktiv“ werden.
Dazu wurden bereits im Bund konkrete Vorschläge gemacht -
wie beispielsweise eine Arbeitsinspektion, die Entgelt, Arbeitsschutz,
Arbeitszeit und Unterkunft gleichermaßen überprüft und der Haftung des
Schlachtunternehmens unterstellt.
Gleichzeitig müssen die Beschäftigten Zugang zu Beratungsmöglichkeiten
erhalten, die sie in ihrer Heimatsprache über ihre Rechte in Deutschland
aufklären, denn wo kein Kläger ist, da gibt es auch keinen Richter. Das Projekt
„Faire Mobilität“ leistet hierfür einen essenziellen Beitrag. Die Finanzierung
muss für diese Beratung verstetigt werden.
Die Politik darf sich jetzt nicht von der Fleischlobby
unter Druck setzen lassen.
Die Fleischverarbeitungsbetriebe zeichnen bereits
Zukunft-Szenarien der Produktionsabwanderung ins Ausland. Die Unternehmen
fühlen sich unfair behandelt und gehen sogar so weit, die höheren Auflagen als
verfassungswidrig zu bezeichnen. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Aussagen
entsprechen mitnichten der Realität. Im Ausland gelten teilweise sogar höhere
Auflagen als bei uns, in Belgien, Frankreich und der Niederlande sind die
Mindestlöhne höher als in Deutschland. In Dänemark bezahlt die Branche alle
Beschäftigten nach Tariflohn. Ein Grund, warum die Schlachtbetriebe nach
Deutschland z.B. aus Dänemark abgewandert sind. Seit Jahren beschweren sich
unsere Nachbarn über die niedrigen Auflagen hierzulande, die den Wettbewerb
verzerren und Schlachtungen in deren Heimatländern unattraktiv machen. Allein
das unmoralische Verhalten der Fleischindustrie ist zwar nicht
verfassungswidrig, aber in hohem Maße unsolidarisch.
Es gibt auch die guten Beispiele in der Fleischbranche, wie
Brand Qualitätsfleisch in Lohne oder Böseler Goldschmaus aus Garrel, die ihre
soziale Verantwortung für die Mitarbeiter sehr ernst nehmen. Beide Betriebe
beschäftigen keine Werkvertragsarbeiter mehr. Es wurden alle Mitarbeiter fest
angestellt. Das gibt Sicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Wir fordern den Geschäftsführer der Leine-Fleisch GmbH,
Herrn Hermann Withake, auf, diesem guten Beispiel zu folgen und die Beschäftigungsverhältnisse
der Werkvertragsbeschäftigten zu beenden und alle bisher über Werkverträge
Beschäftigten fest einzustellen.
Regina Asendorf
Antrag:
Die Stadt Laatzen fordert die politisch verantwortlichen Gremien auf Landes- und Bundesebene dazu auf, sich für die Rechte von Werkvertragsarbeiter in der Fleischbranche einzusetzen und das von Hubertus Heil vorgeschlagene „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft” zu unterstützen.