Betreff
Bericht über die Kinder-, Jugend- und Familienhilfen
Vorlage
2017/123
Art
Mitteilung

 

Die Stadt Laatzen ist seit dem 01.01.2002 örtlicher Träger der öffentlichen Kinder‑ und Jugendhilfe und in diesem Zusammenhang für die Wahrnehmung der Aufgaben gemäß SGB VIII zuständig. In den vergangenen 15 Jahren umfasste das Aufgabenspektrum des Jugendamtes (im Folgenden als Kinder‑ und Jugendhilfe bezeichnet) den Kinderschutz, die Hilfen zur Erziehung einschließlich der sozialpädagogischen Beratungen, sowie die Mitwirkung in familiengerichtlichen Verfahren und Jugendstrafsachen. Hinzu kommt die rechtliche Vertretung von Minderjährigen in Form von Pflegschaften oder Vormundschaften.

 

Weitere Aufgaben sind die Wirtschaftliche Jugendhilfe, die Beistandschaften, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, der Jugendschutz, sowie das Elterngeld und die Verfahren bei Schulabsentismus.

 

Mit diesem Bericht soll eine Übersicht über wesentliche Entwicklungen in der Arbeit der Kinder‑ und Jugendhilfe in den zurückliegenden Jahren und aktuell bestehende Herausforderungen gegeben werden.

 

Gesetzliche Grundlage für die Tätigkeit der Kinder‑ und Jugendhilfe ist das Achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII), das sogenannte Kinder‑ und Jugendhilfegesetz.

 

Die Anzahl der in Laatzen lebenden Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen (0  21 Jahre), für die die Kinder‑ und Jugendhilfe zuständig ist, ist in den vergangenen 15 Jahren um 55,2 % (3203 Personen) gestiegen. Verbunden hiermit ist auch ein Anstieg der Fallzahlen in allen Bereichen.

 

Stichtag

0 ‑ 21 Jahre

davon 0  18 Jahre

14  21 Jahre

(JGH‑relevant)

31.12.2001

5.803

5.142

1.875

31.12.2010

8.325

7.042

3.285

31.12.2012

8.286

7.025

3.270

31.12.2016

9.006

7.606

3.494

 

 

Kinderschutz

 

Vorrangige Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist die Sicherstellung des Kinderschutzes. Hier wurden im Laufe der Jahre Verfahrensrichtlinien zum Umgang mit Kindeswohlgefährdungen, sowie standardisierte Abläufe zur Gefährdungseinschätzung entwickelt. Die wichtigsten gesetzlichen Änderungen, auf die reagiert werden musste, waren zunächst die Novellierung des SGB VIII, wobei durch die Einfügung des § 8 a SGB VIII im Oktober 2005 noch einmal die Aufgaben des Kinderschutzes konkretisiert wurden. Zum 01.01.2012 trat dann das Bundeskinderschutzgesetz in Kraft. Hierdurch wurde die Schaffung von Netzwerken gefordert, sowie der Bereich Frühe Hilfen mit dem Einsatz von Familienhebammen installiert. Ebenso wurde gesetzlich fixiert, dass bei Hinweisen auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung verbindlich Hausbesuche zu erfolgen haben. Dieses gehörte aber schon zuvor zum Standartverfahren in der Kinder‑ und Jugendhilfe.

 

Das Anzeigeverhalten sowohl durch Privatpersonen als auch durch Institutionen im Hinblick auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung ist insbesondere durch die mediale Berichterstattung über tragische Todesfällen infolge von Misshandlungen und Verwahrlosungen in den Jahren 2006 und 2007 stark gestiegen. Durchschnittlich wurden in Laatzen in den letzten Jahren jeweils in rund 60 Fällen Hausbesuche durchgeführt, um das Kindeswohl zu überprüfen. Derartige Hausbesuche erfolgen in der Regel unangemeldet und zu zweit, damit ein möglichst objektiver Eindruck gewonnen werden kann. In etwa einem Drittel der Fälle waren mehrere Besuche notwendig, um bestehende gravierende Mängel abzustellen. Vielfach ergab sich aus diesen Hinweisen auch die Notwendigkeit Familien unterstützende Maßnahmen in Form von ambulanten Hilfen zu installieren, in einigen Fällen war aber auch eine Herausnahme eines Kindes aus der Familie notwendig.

 

 

Inobhutnahmen

 

Die Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII ist eine Handlungsoption zur Abwendung einer dringenden Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen. Die Kinder‑ und Jugendhilfe hat in solchen Fällen das Recht und die Pflicht Minderjährige zum Zweck der Gefahrenabwehr aus einer Familie oder einer anderen Situation herauszunehmen. Bei einem Widerspruch der Sorgeberechtigten hat dieser zwar keine aufschiebende Wirkung, in solchen Fällen muss jedoch innerhalb kürzester Zeit das Familiengericht eingeschaltet werden.

 

Die Zahl der Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen schwankte bis 2014 in einer Bandbreite von 10 bis 16 Fällen. Aufgrund der Zuwanderung unbegleiteter minderjähriger Ausländer (sogenannte UMA) stieg diese Zahl im Jahr 2015 auf 20 und im Jahr 2016 sogar auf 47.

 

Bei 10 Kindern erfolgte in 2016 eine Inobhutnahme bzw. Herausnahme aus der Familie, um einer Kindeswohlgefährdung entgegen zu wirken. In zwei Fällen mussten mehrere Geschwisterkinder aus ihrer Familie genommen werden.

 

Eine Inobhutnahme nach Selbstmeldung erfolgte in sieben Fällen. Selbstmelder sind vorwiegend Jugendliche, die nach einem Streit ihr Elternhaus verlassen haben und sich weigern zur Familie zurückzukehren. Bei den meisten Selbstmeldern findet jedoch nach intensiven Beratungsgesprächen mit allen Beteiligten eine Rückkehr in die Herkunftsfamilie statt.

 

Eine Inobhutnahme bzw. eine vorläufige Inobhutnahme von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen musste in 30 Fällen eingeleitet werden. Die in vielen Jugendämtern aufgetretene Problematik der adäquaten Unterbringung dieses Personenkreises wurde in Laatzen dadurch etwas gemildert, dass hier häufig bereits Verwandte wohnten, die bereit waren die jungen Menschen bei sich aufzunehmen und teilweise auch deren gesetzliche Vertretung übernehmen wollten. Die jungen Flüchtlinge, die nicht bei Verwandten untergebracht werden konnten, wurden in drei Gastfamilien, sowie in stationären Einrichtungen der Kinder‑ und Jugendhilfe untergebracht.

 

 

Sozialpädagogische Beratungsgespräche

 

Sozialpädagogischen Beratungsgespräche bilden eine wichtige Säule des präventiven Ansatzes „Ambulant vor Stationär“ zur Erhaltung des familiären und sozialen Umfeldes und zur Vermeidung hoher Folgekosten. Allein im Jahr 2016 wurden insgesamt 1.494 zumeist sehr zeitintensive Beratungsgespräche geführt. Inhaltlich geht es in den Gesprächen schwerpunktmäßig um Erziehungsfragen, Unterstützungsmöglichkeiten für die Familien und ggf. um die gezielte Weitervermittlung an Fachberatungsstellen. Sofern es notwendig war, nahmen an solchen Gesprächen auch Lehrkräfte oder pädagogisches Fachpersonal aus Kindertagesstätten teil.

 

 

Nachstehende Tabelle verdeutlicht den stetig zunehmenden Beratungsbedarf:

 

Jahr

2002

2005

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Beratungs-gespräche

165

282

988

1.121

1.322

1.230

1.175

1.442

1.494

 

 

Hilfen zur Erziehung

 

Hierunter werden verschiedene Formen der beratenden, begleitenden und betreuenden sozialpädagogischen Unterstützung in unterschiedlichster Intensität verstanden. Zur Gewährung von Erziehungshilfen kommt es meist dann, wenn das Aufwachsen in der Familie und in den regulären Erziehungs und Bildungsinstitutionen wie dem Kindergarten oder der Schule von den Eltern und/oder dem Kind selbst oder von Außenstehenden (KiTa, Schule, Nachbarn, Polizei, etc.) als irgendwie problematisch, abweichend, störend oder psychisch auffällig eingeschätzt wird.

 

 

Hilfen zur Erziehung

 

·                stärken Kinder und Jugendliche nachweislich in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und sichern ihr Recht auf Schutz, Erziehung und Entwicklungsförderung;

·                unterstützen Eltern und andere Personensorgeberechtigte bei Fragen und Problemen in der Erziehung;

·                bieten ein wichtiges, die Familienerziehung ergänzendes Sozialisationsfeld und schaffen notwendige Voraussetzungen für gelingende Bildungsprozesse;

·                schaffen Zugänge zu Familien, Kindern und Jugendlichen in prekären Lebenslagen und tragen dazu bei, die negativen Folgen sozialer Ausgrenzung zu kompensieren

 

Hilfen zur Erziehung lassen sich in die drei Bereiche ambulant, teilstationär und stationär untergliedern. Nachstehende Übersicht vermittelt Angebotsformen, Hilfearten und Zielgruppen der Hilfen zur Erziehung:

 

Angebotsform

Hilfeart (gem. §§ 27 ff. SGB VIII

Zielgruppe

 

 

 

Ambulante Hilfen

Erziehungsberatung

Eltern mit Kindern aller Altersgruppen

Soziale Gruppenarbeit

(§ 29 SGB VIII)

Ältere Kinder und Jugendliche

Erziehungsbeistände

(§ 30 SGB VIII)

Ältere Kinder und Jugendliche

Sozialpädagogische Familienhilfe

(§ 31 SGB VIII)

Familien mit jüngeren Kindern

Teilstationäre Hilfen

Tagesgruppe

(§ 32 SGB VIII)

Kinder bis ca. 14 Jahre

Stationäre Hilfen

Gemeinsame Wohnformen für Mütter, Väter und deren Kinder

(§ 19 SGB VIII)

Alleinerziehende Eltern mit Kindern unter 6 Jahren

Vollzeitpflege

(§ 33 SGB VIII)

Insbesondere jüngere Kinder

Heimerziehung/ sonstige Wohnformen

(§ 34 SGB VIII)

Kinder, Jugendliche, junge Volljährige

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung

(§ 35 SGB VIII)

Jugendliche, junge Volljährige

 

Aufgrund des Zieles „Ambulant vor Stationär“ wird zunächst immer geprüft, ob Familien ergänzende Maßnahmen möglich sind und ob auf Familien ersetzende stationäre Maßnahmen verzichtet werden kann. Ein Steuerungsinstrument bei der Einleitung von Hilfen zur Erziehung ist die sogenannte Fachkonferenz. Hier treffen mehrere Fachkräfte unter Berücksichtigung des Wunsch und Wahlrechtes der Eltern die Entscheidung, welche Hilfeform am besten geeignet ist und welcher Hilfeanbieter in Frage kommt.

 

Nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über den Fallzahlenverlauf von 2010 bis 2016. Berücksichtigt sind hierbei alle Fälle, die im Laufe eines Jahres bearbeitet wurden, wobei bis auf den § 31 SGB VIII (Sozialpädagogische Familienhilfe) immer Einzelpersonen gezählt werden, während beim § 31 SGB VIII immer Familien berücksichtigt werden, auch wenn sich mehrere Kinder in einer Familie befinden.

 

Jahreszahlenvergleich Hilfen zur Erziehung  2010 - 2016

§ 30 SGB VIII

§ 31 SGB VIII

§ 32 SGB VIII

§ 33 SGB VIII

§ 34 SGB VIII

2010

9

44

7

28

36

2011

16

51

13

28

46

2012

12

39

12

28

32

2013

10

33

10

33

50

2014

15

37

11

31

57

2015

13

34

10

33

64

2016

12

33

11

44

68

 

 

Grafische Darstellung

 

 

 

 

Anhand der Zahlen bzw. der grafischen Darstellung kann man erkennen, dass die Fallzahlen besonders im stationären Bereich, mit Ausnahme eines kleinen Rückganges im Jahr 2012, stark gestiegen sind. Das eigentlich gesetzte Ziel, dass ambulante Maßnahmen Vorrang vor stationären haben, ließ sich daher in den letzten Jahren nicht erreichen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Einer der Gründe liegt sicherlich, wie oben bereits erwähnt, in dem stärker in das öffentliche Bewusstsein getretene Gedanke des Kinderschutzes und dem damit einhergehenden verstärkten Anzeigeverhalten. Hinzu kommt, dass bei Unterbringungen mehrfach Familien mit mehreren Geschwisterkindern betroffen waren. Weiterhin ist der Anstieg auch auf Fallübernahmen von anderen Jugendämtern zurückzuführen. Zudem fließen hier auch die zuvor bereits erwähnten, in Einrichtungen der Jugendhilfe untergebrachten, unbegleiteten minderjährigen Ausländer ein.

 

 

Eingliederungshilfe gem. § 35 a SGB VIII

 

Die Anzahl der im Rahmen der Eingliederungshilfe gem. § 35 a SGB VIII stationär untergebrachten Kinder und Jugendlichen war mit 9 Betroffenen in 2016 gemessen an den Vorjahren konstant. Aufgrund der extremen Verhaltensauffälligkeiten, die manche Betroffene zeigen, wird es allerdings zunehmend schwierig, für diesen Personenkreis Plätze in geeigneten Einrichtungen zu finden.

 

Eine große Problematik im Rahmen der Eingliederungshilfen stellen die Fälle dar, in denen die Jugendhilfe als Ausfallbürge für das System Schule eintreten muss. Im Rahmen der Inklusion fordern Schulen immer wieder Schulbegleitungen für Kinder ein, die an einer Regelschule nicht ohne weitere Unterstützung beschulbar sind. Schulbegleiter unterstützen Kinder mit körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung im schulischen Alltag und helfen den jeweils Betroffenen in einer Eins zu Eins Betreuung nicht nur während des gesamten Unterrichtes, sie nehmen auch an Schulausflügen und Klassenfahrten teil, um die Teilhabe am Leben in der Klassengemeinschaft zu gewährleisten. Im Zusammenhang der Zuständigkeiten der Eingliederungshilfe muss genauer differenziert werden. Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung erhalten Eingliederungshilfe nach SGB VIII, zuständig ist die Kinder und Jugendhilfe. Beispiele für seelische Behinderung sind Entwicklungsverzögerungen, Autismus, Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung oder ADS bzw. ADHSSyndrom. Kinder und Jugendliche mit körperlicher oder geistiger Behinderung erhalten Eingliederungshilfe nach SGB XII, zuständig ist das Sozialamt. Somit kann man von einem dualen System sprechen. Durch diese Trennung entstehen Abgrenzungsprobleme, vor allem im Bereich der Mehrfachbehinderung und im Grenzbereich der geistigen bzw. seelischen Behinderung. Mit dem seit Frühjahr 2016 andauernden SGB VIIIReformprozess sollte u. a. diese Trennung aufgehoben werden. Ausgangspunkt war die sog. inklusive bzw. große Lösung (Gesamtzuständigkeit der Kinder und Jugendhilfe). Inzwischen zeichnet sich ab, dass die großen Baustellen der Reform vorerst vertagt sind, für diese Legislaturperiode wird nur noch eine „kleine SGB VIIIReform“ angestrebt.

 

Schulbegleitungen waren bis zum Jahr 2010 in Laatzen kaum eingesetzt. Im Jahr 2010 erfolgte auf Antrag der Sorgeberechtigten in 5 Fällen der Einsatz einer Schulbegleitung. In den Folgejahren stiegen die Fallzahlen gravierend an. Im Jahr 2016 wurden 29 Schul­begleitungen über den Rechtskreis des SGB VIII finanziert (zzgl. weitere 28 Fälle über das SGB XII). Im laufenden Jahr 2017 liegen bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits 40 An­träge allein für den Bereich der Kinder‑ und Jugendhilfe vor. Mittlerweile stellen die Aufwendungen für die Finanzierung der Schulbegleitungen mit rund 579.000 Euro den drittgrößten Ausgabenposten bei den Hilfen zur Erziehung. Aus kommunaler Sicht muss hier dringend gegengesteuert und den Schulen das für eine gelingende Inklusion notwendige Fachpersonal zur Verfügung gestellt werden. Daneben kommt es in einigen Schulen durch die zunehmende Zahl der Schulbegleiter auch zu räumlichen Problemen.

 

Ebenfalls in den Komplex Schule und Eingliederungshilfen gem. § 35 a SGB VIII fällt die Genehmigung von Lerntherapien bei Vorliegen einer Legasthenie oder einer Dyskalkulie. Hier haben sich die Fallzahlen im Laufe der vergangenen Jahre zwischen 140 und 150 Fälle eingependelt.

 

 

Familiengerichtshilfe

 

Im Bereich der Familiengerichtshilfen ist Jahr 2009 ebenfalls eine gesetzliche Änderung erfolgt. Das am 01.09.2009 in Kraft getretene Gesetz über das „Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Fam‑FG)“ fordert u. a. eine Anwesenheitspflicht des Jugendamtes bei allen Terminen vor dem Familiengericht. Zuvor war die Teilnahme an solchen Terminen in der Regel nur notwendig, wenn Anträge durch das Jugendamt bzgl. des Sorgerechtes gestellt wurden. In allen anderen Fällen war zumeist ein schriftlicher Bericht ausreichend. Für die Fachkräfte der Kinder und Jugendhilfe hat die Neuerung durch Fahrt und Wartezeiten beim Gericht zu einem zusätzlichen erheblichen Zeitaufwand geführt.

 

Richterliche Weisungen für begleitete und geschützte Umgangskontakte erfordern ebenfalls die Anwesenheit der fallverantwortlichen Fachkraft.

 

 

Jahr

2002

2005

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Anzahl Familiengerichtshilfen

83

83

192

159

100

153

138

188

270

 

 

Jugendgerichtshilfe

 

Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe betreuen junge Straffällige gem. § 52 Abs. 3 SGB VIII während des gesamten Verfahrens. Sie bringen unter anderem sozialpädagogische Gesichtspunkte in Strafverfahren vor den Jugendgerichten ein, indem sie eine Stellungnahme über die Beschuldigten abgeben. Gerichtlich angeordnete pädagogische Maßnahmen, wie z. B. das Ableisten von Sozialstunden, Geschenkauflagen oder der Besuch eines sozialen Trainingskurses werden ebenfalls vermittelt und überwacht.

 

Zwar lag die Fallzahl im Jahr 2016 mit 155 relativ niedrig ‑ die Fallzahlen in der Jugendgerichtshilfe bewegten sich in den letzten Jahren immer um die 200. Aber im ersten Quartal 2017 deutet sich wieder ein Anstieg auf das bisherige Niveau an. Dieses ist auch davon abhängig, ob es in Laatzen sogenannte Intensivtäter gibt, die häufig in Gruppen straffällig werden.

 

 

Deliktverteilung

Anzahl

Prozent

Diebstahl und/oder Unterschlagung

               38

          24,5 %

Sachbeschädigung

                 5

            3,2 %

Leistungserschleichung

               27

          17,4 %

Betrug, Urkundenfälschung etc.

               12

            7,7 %

Körperverletzung

               14

            9,0 %

Nötigung, Bedrohung, Widerstand

                 1

            0,6 %

Raub, Erpressung

                 2

            1,3 %

Betäubungsmittel-Gesetz

                 4

            2,6 %

Verkehrsdelikte

                 3

            1,9 %

Sexualdelikte

                 0

 

Sonstige (OwiGVerfahren)

               49

          31,6 %

 

 

Bei den Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten handelte es sich in erster Linie um Jugendliche, die die Schule geschwänzt haben und deren verhängte Bußgelder in Hilfsdienste umgewandelt wurden.

 

 

Auflagenvermittlung und -überwachung

 

 

Hilfsdienste

                 84

       66,7 %

Geldbuße

                    5

          4,0 %

Geschenkauflage

                    0

 

Schadenswiedergutmachung

                    9

          7,1 %

Betreuung d. JGH

                    2

          1,6 %

Soz. Trainingskurse

                    9

          7,1 %

sonstige

                 17

       13,5 %

 

 

Kostenentwicklung

 

Die nachstehende Tabelle veranschaulicht sehr gut die Kostenentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe im Vergleich der gegenübergestellten Jahre 2002 und 2016. Gründe sind vor allem gestiegene Fallzahlen, neue Aufgaben und eine erhebliche Kostensteigerung bei den Anbietern der sozialpädagogischen Dienstleistungen.

 

 

Hilfeart

Aufwendungen 2002

Aufwendungen 2016

Mutter-Kind Einrichtung (§ 19 SGB VIII)

52.638,50 €

0,00 €

Betreuungshelfer (§ 30 SGB VIII)

21.524,73 €

48.997,75 €

Sozialpäd. Familienhilfe (§ 31 SGB VIII)

89.527,54 €

130.737,49 €

Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII)

57.938,89 €

152.332,22 €

Pflegekinder (§ 33 SGB VIII)

198.171,12 €

436.770,35 €

Heimerziehung (§ 34 SGB VIII)

1.350.950,89 €

2.232.393,75 €

Sonst. betreute Wohnform (§ 34 SGB VIII)

13.352,01 €

656.080,77 €

Eingliederungshilfe (§ 35 a SGB VIII) amb.

34.867,63 €

34.490,62 €

§ 35 a SGB VIII Schulbegleitung

 

578.738,84 €

§ 35 a SGB VIII Teilleistungsstörungen

 

184.959,09 €

§ 35 a SGB VIII teilstationär

480.624,35 €

21.387,70 €

§ 35 a SGB VIII stationär

398.219,91 €

§ 42 SGB VIII Inobhutnahmen

20.355,70 €

291.874,07 €

Summe

2.319.951,36 €

5.166.982,56 €

 

 

Die Kosten für das erforderliche Fachpersonal betrugen im Jahr 2002 = 479.400 Euro (bei 378,25 Wochenstunden). Im Jahr 2016 beliefen sich die Personalkosten auf 787.300 Euro (bei 489,0 Wochenstunden). Im Rahmen des Jugendhilfekostenausgleiches erstattet die Region 80 % der erstattungsfähigen Sach‑ und Personalaufwendungen, in 2016 wurden 3.733.844 € erstattet. Erstattungen anderer Kostenträger sowie Kostenbeteiligungen der Sorgeberechtigten beliefen sich auf 1.212.663 €, sodass die Gesamteinnahmen 4.946.500 Euro betrugen. Daneben werden die regionsange­hö­rigen Kommunen mit eigenem Jugendamt bei der Regionsumlage entlastet. Der Entlastungsbetrag für die Stadt Laatzen liegt bei rund 152.000 Euro (Kommunen ohne eigenes Jugendamt werden im Rahmen einer Sonder‑Umlage an den Kosten des Regionsjugendamtes beteiligt). Für 2015 und 2016 stehen darüber hinaus auch noch Restzahlungen für die Unterbringung und Betreuung der UMA aus. Zuständig hierfür ist das Land, bislang wurden nur Abschläge in Höhe von 80 % der tatsächlich entstandenen Kosten gezahlt.

 

 

Fazit

 

Die Kinder‑ und Jugendhilfe hat sich in den vergangenen 15 Jahren in Laatzen bewährt und etabliert. Sie wird mittlerweile als selbstverständlich wahrgenommen. Gerade der Anstieg bei den Fallzahlen der sozialpädagogischen Beratungsgespräche signalisiert, dass von den Fachkräften auch qualitativ gute Arbeit geleistet wird. Im Sinne des Kinderschutzes ist durch intensiven Austausch mit anderen Institutionen ein Netzwerk entstanden, durch das früh‑ und rechtzeitig reagiert werden kann. Bürgerfreundlich ist, dass hier alle erforderlichen Stellen unter einem Dach sitzen und lange Wege bei unterschiedlichen Zuständigkeiten vermieden werden.

 

Natürlich geben die erheblichen Steigerungen gerade bei den stationären Maßnahmen, die übrigens bundesweit zu verzeichnen sind, auch Anlass zur Sorge, denn für das Wohlergehen ihrer Kinder sollten in erster Linie die Eltern verantwortlich sein und nicht der Staat. Betrachtet man in der Laatzener Kinder‑ und Jugendhilfe jedoch jeden einzelnen Fall, so muss leider festgestellt werden, dass einer stationären Maßnahme als letzter Konsequenz immer ein Elternversagen vorausgegangen ist und die Bereitschaft der Familien, den Einsatz einer ambulanten Hilfe zuzulassen, erheblich abgenommen hat.

 

Zu den besonderen Herausforderungen der vergangenen letzten beiden Jahre zählte sicherlich die Betreuung, Versorgung und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern. Hier war manches Mal unbürokratisches Handeln gefragt, ohne dabei die erforderlichen Standards außer Acht zu lassen.

 

Eine erhebliche emotionale Belastung erfahren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder‑ und Jugendhilfe insbesondere in Situationen, in denen Menschen gewaltsam ums Leben kommen und die Fachkräften trotzdem professionell im Sinne der betroffenen Kinder handeln müssen. Dieses war in den vergangenen Jahren leider mehrfach der Fall.

 

Im Auftrag

 

 

 

Thomas Schrader